Samstag, 18. September 2010

Bundesländer versuchen ihre Pfründen zu retten

Deutsches Glückspiel-Monopol - ZAW empfiehlt Kurskorrektur

BERLIN (zaw) - Die deutsche Werbewirtschaft hat den Monopol-Anhängern unter den Bundesländern empfohlen, die vorliegenden konkreten Lösungsmodelle der Regierungsfraktionen Schleswig Holsteins sowie der Lotterie-Initiative für die künftige Regelung des Glücksspielmarkts in Deutschland zu übernehmen. "Eine Kurskorrektur in Richtung eines konsistent geregelten und damit staatlich kontrollierten Glücksspielmarktes hält Deutschland von erneut europarechtswidrigem Verhalten ab, wirkt dem wachsenden Schwarzmarkt für Sportwetten entgegen und fördert soziale Projekte durch größere fiskalische Spielräume von Bund und Ländern", erklärte ein Sprecher des ZAW Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft in Berlin.

Die große Mehrheit der deutschen Verfassungs- und Europarechtler sähen erneut erhebliche Probleme auf die Bundesländer zukommen, sollte die gerade erst vom Europäischen Gerichtshof EuGH gekippte Glückspielgesetzgebung strukturell fortgeführt und sogar mit weitern Restriktionen und Werbeverboten aufgeladen werden.

"Eine solche Regulierung mag den wenigen Begünstigten der bisherigen Monopolstrukturen nützlich sein, für die klare Mehrheit der Betroffenen würden aber nur Nieten ausgegeben",
so der ZAW. Quelle: zaw


Glücksspiel
Diesmal leider kein Gewinn

Nach dem Glücksspielurteil des Europäischen Gerichtshofs versuchen Bundesländer, ihre Pfründen zu retten.
Nur kurzzeitig befanden sich beide Seiten in Schockstarre: die Bundesländer, die Steuerausfälle in Milliardenhöhe fürchteten. Und die privaten Anbieter von Lotterien, Sportwetten und Pokerrunden, die ihr Glück kaum fassen konnten.
Eine Woche nach dem Urteil versuchen die Länder zu retten, was zu retten ist. Mehrere Landespolitiker fordern einen neuen Staatsvertrag, ebenso der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck, der zugleich Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist.
Sie wollen die Kontrolle behalten.

»Das alte Monopol besitzt ein unglaubliches Beharrungsvermögen«, sagt Peter Reinhardt, Deutschlandchef der Onlinewettbörse Betfair.

»Wenn ich so etwas höre, werde ich richtig wütend«, sagt Udo Weiß, Vorstand der Stiftung für Umwelt und Entwicklung in Köln. »Wir wollen auch Gutes tun, aber der Staat behindert uns seit Jahren.« Seit 1993 kämpft die Stiftung für ihre gemeinnützige Umweltlotterie Unsere Welt. Quelle: ZEIT-ONLINE

Zivil- und öffentlich-rechtliche Folgen des EuGH-Urteils vom 08.09.2010 zum Glücksspielverbot
von RA Jorma Hein

Mit seinem Urteil vom 08.09.2010 hat der Europäische Gerichtshof die deutschen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt. Das Gericht befand, dass die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sowohl gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV als auch gegen die Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV verstoßen. Dabei ist klar, dass diese Freiheiten nicht unbeschränkt gelten und auf Grund höherrangiger Belange des Allgemeinwohls beschnitten werden können. Der EuGH erkennt dabei auch an, dass das Vorbeugen von Spielsucht, was der vordergründige Anlass für das staatliche Monopol gewesen ist, einen legitimen Zweck darstellt.

Jedoch verneint das Gericht die Geeignetheit der deutschen Regelungen, um Suchtprävention zu erreichen. Da nämlich nach den bisherigen Regelungen die Lotto- und Wettgesellschaften ihre Angebote umfangreich bewerben dürfen und das in der Praxis auch tun, wird die Spielsucht nicht wirksam bekämpft.

Dem Urteil lagen Klagen mehrerer Wettanbieter zu Grunde, die sich insofern rechtswidrig am Angebot ihrer Leistungen gehindert sahen. In der Tat ist davon auszugehen, dass eine große Anzahl von Gewerbetreibenden betroffen gewesen ist.

Nach der bisherigen Rechtslage bestand die Möglichkeit, den bis dahin illegalen Wettangeboten entweder hoheitlich zu Leibe zu rücken oder mit Hilfe des Wettbewerbsrechts. Denn die entsprechenden Bewerbungsbestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages stellen Marktverhaltensregelungen gem. § 4 Nr.11 UWG dar (Hefermehl, § 4, Rn. 11.137b) und konnten somit Grundlage für eine Abmahnung werden.

Hier bringt das Urteil der luxemburger Richter eine Kehrtwende. Nach ständiger Rechtssprechung des Gerichts gelten seine Urteile rückwirkend, da das Geltungsbedürfnis des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Vertrauensschutzbelangen der Betroffenen vorgehe.

Das heisst im Klartext: sowohl behördlichen Anordnungen als auch wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen ist mit dem Urteil von gestern die Grundlage entzogen worden. Eingegangene Verpflichtungen oder geleistete Zahlungen haben nachträglich ihre Rechtsgrundlage verloren (§ 313 BGB), weshalb Aufhebung und Rückzahlung verlangt werden kann.

Sollten Sie Probleme in diesem Bereich haben oder sonstige Fragen zum Wettbewerbs-, Urheber- oder Markenrecht haben, können Sie sich gerne jederzeit an uns wenden. Wir haben bereist eine Vielzahl von Fällen mit wettbewerbsrechtlichen Bezügen vertreten und wissen, worauf es für eine effektive Durchsetzung Ihrer Rechte ankommt. Quelle

Nach den EuGH-Entscheidungen
Zeitungsenten über das Ende des Glücksspielmonopols

Nach den Entscheidungen des EuGH verkündete die deutsche Presse am Mittwoch das Ende des deutschen Glücksspielmonopols. Nicht nur verfrüht, sondern auch zu Unrecht, meint Dr. Manfred Hecker. In seinem Kommentar verweist er darauf, dass die Prüfung der Sach- und Rechtslage den Verwaltungsgerichten obliegt – und noch lange nicht beendet ist. weiterlesen