Freitag, 30. Dezember 2011

Glücksspielstaatsvertrag soll auch die Suchtgefahren eindämmen

MdL Ralf Michalowsky

Der NRW-Landtag hat im Dezember nach langer Diskussion den Rundfunkstaatsvertrag verabschiedet. Ab 2013 wird die derzeitige Rundfunkgebühr zur Abgabe und nicht mehr personenbezogen erhoben, sondern für jede Wohnung fällig. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob der Wohnungsinhaber ein Empfangsgerät besitzt. Auch wer ohne Handy, Computer, Radio oder Fernseher durch das Leben kommt, zahlt künftig den Höchstsatz; Behinderte verlieren ihren Nachteilsausgleich. DIE LINKE hat diesen Staatsvertrag aus sozialen und datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt. Seit vielen Monaten wird auch schon der nächste wichtige Vertrag beraten; dabei geht es um die Neuregulierung des Wett- und Glücksspielmarktes.

Ralf Michalowsky, Landtagsabgeordneter der LINKEN und Fraktionssprecher im Haupt- und Medienausschusses des Landtages, ist bei den regelmäßigen Informationsgesprächen in der Staatskanzlei dabei. Schon im Vorfeld wird dort der Verhandlungsstand der Bundesländer untereinander diskutiert. Mit dem Glücksspielstaatsvertrag sollen alle Wett- und Glücksspiele vom Automaten in der Kneipe, über Lotto, bis hin zu Online-Wetten neu reguliert werden.

Ralf Michalowsky: "Die Erarbeitung des Vertragswerkes ist ein Spagat zwischen der Eindämmung der Suchtgefahren und dem Erhalt der Abgaben aus Glücksspielumsätzen zur weiteren Finanzierung der Destinateure, denn von den Abgaben gehen Millionenbeträge an Wohlfahrts- und Sportverbände, in Kunst und Kultur und viele andere Bereiche." Wer künftig Online-Wetten anbieten will benötigt eine Lizenz dafür und davon wird es nur 20 geben. Alles darüber hinaus ist dann illegal. Auch internationale Wetten werden künftig technisch unterbunden, bzw. die Zahlungsströme werden kontrolliert.

"Im Laufe der Verhandlungen konnte durchgesetzt werden, dass man nur auf Ergebnisse und nicht auch Ereignisse wetten kann. Wetten auf einen Elfmeterschuss, Sekunden vor dem Abschuss, werden nicht möglich sein, wohl aber auf das Spielergebnis", so Michalowsky.

"Lokal, auch in Gladbeck, entfaltet das Gesetz seine sichtbare Wirkung bei den Spielhallen. Zwischen zwei Spielhallen muss es künftig einen Mindestabstand von 250 Metern geben, damit der Spieler beim Wechsel des Spielortes eine "Bedenkzeit" hat. In Gaststätten darf es künftig max. nur noch zwei, statt bisher drei Geräte geben. Ale Spielhallen müssen nachts von 1 bis 6 Uhr ausnahmslos schließen. In jeder Spielhalle werden max. 12 Spielgeräte erlaubt sein. Der derzeit mögliche Verlust von 80 Euro pro Automat und Stunde, muss durch technische Änderungen auf max. 60 Euro reduziert werden.

Dazu kommt eine Vielzahl weiterer Regulierungen, die Einfluss auf das Suchtverhalten haben werden. Eine ganz wichtige sei noch genannt: EC-Automaten, durch die sich der Spieler finanziellen Nachschub verschaffen kann, sind in allen Spielhallen Deutschlands künftig verboten."

Die Spielhallenbetreiber und die hinter ihnen stehende Automatenindustrie läuft jetzt schon Sturm und bombardiert die Landtagsabgeordneten mit Briefen und e-Mails. Diesem Druck beugt sich der Gesetzgeber durch eine fünfjährige Übergangsfrist.

Michalowsky: "Die technische Entwicklung, insbesondere im Bereich der Online-Wetten, aber auch vor Ort in den Spielhallen, macht das neue Gesetz notwendig. Schließlich hat das Automatenspiel den höchsten Suchtfaktor aller Regulierungsbereiche. Ohne den Druck der Destinateure würde ein deutlich schärferes Gesetz verabschiedet, aber Politik besteht nun mal aus Kompromissen."

Der Glücksspielstaatsvertrag soll im April 2012 den Ländern zur Beschlussfassung vorgelegt werden und ab 2013 wirken.

Quelle: DIE LINKE NRW

Das wäre alles richtig, wenn der Staat seine Angebote nicht weiter ausweiten würde !

In den letzten Jahren haben die Spielbanken mit der Schaffung von Dependancen, im Bereich der Innenstädte Automatensäle eröffnet und zielen damit auf neue Kunden mit dem „kleinen Geldbeutel.“ Dies obwohl gerade von Automatenspielen die höchste Suchtgefahr ausgeht und Glücksspiel an staatlichen Slot-Machines ist in keiner Weise limitiert ist. Übersicht über Glücks- und Gewinnspiele in Deutschland. weiterlesen

Der Fall des früheren Herstellungsleiters des Kinderkanals, Marco K. beweist, dass auch staatliches Glücksspiel nicht vor Spielsucht schützt. Mit Scheinrechnungen und fingierten Aufträgen wurde der Sender über zehn Jahre um Millionen geprellt und das Geld größtenteils an Automaten im Casino Erfurt verzockt. Die Sucht will der Betreiber nicht erkannt haben.
"Bigott", nennt Jurist Kreile das Verhalten der Länder angesichts solcher Exzesse. weiterlesen

Den Ländern geht es beim staatlichen Wettmonopol nicht vorrangig um den Verbraucherschutz. Sie versuchen nicht nur eine traditionelle staatliche Einnahmequelle aufrechtzuerhalten, sondern vielmehr das Glücksspiel-Monopol weiter auszuweiten. weiterlesen

"Neue" Spielbank gegen Spielsucht ? weiterlesen
Land prüft Bau einer neuen Spielbank Mannheim zeigt Interesse
Stadt könnte mit zwei bis drei Millionen Euro Gewinn rechnen

Oddset-Chef in Interview - Bald Live-Wetten bei Lotto
Horak: „Er kann bei Oddset im Internet wetten, was jetzt untersagt ist. Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber ein erweitertes Wettangebot und auch Live-Wetten zulässt. Was möglich ist, werden wir anbieten.“ weiterlesen

Wenn das Glücksspiel im Internet so gefährlich ist, wie dies von den Monopolvertretern immer behauptet wurde, dann dürfte es auch in Zukunft nicht zugelassen werden - auch nicht für staatliches Glücksspiel.

Der GlüÄndStV und der Eurojackpot
Die staatlichen Lottogesellschaften hoffen auf kräftige Extra-Einnahmen.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ist das Glücksspiel-Monopol nur dann zulässig und gesetzeskonform, wenn der Staat die Spielsucht seiner Bürger glaubhaft bekämpft, diese Sucht so weit wie möglich eindämmt und ihr Einhalt gebietet.
Mit der Herausstellung von Jackpots bis 90 Millionen € werde sicherlich nicht die Spielsuchtbekämpfung verfolgt.
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Besteuerung von Sportwetten in DeutschlandEine ökonomische Analyse von verschiedenen Szenarien

Land steigt in Euro-Lotterie ein: Experten warnen vor Suchtgefahr weiterlesen

Jede Woche 10 Millionen garantiert - bis zu 90 Millionen Euro möglich
Neue europäische Lotterie Eurojackpot startet im März
Pressearchiv-Pressemitteilungen
Ab dem 23. März 2012 wird es in Deutschland und weiteren europäischen Ländern eine neue Zahlenlotterie geben: Eurojackpot. Der Eurojackpot wird nach der Spielformel 5 aus 50 und 2 aus 8 gespielt. Der Jackpot wird also mit fünf richtigen Zahlen aus 50 sowie den zwei richtigen "Eurozahlen" aus acht geknackt. Quelle

Für die Begründung eines Veranstaltungsmonopols mit Suchtgefahren gibt es keine Rechtsgrundlage. Das ist von zahlreichen Gerichten bestätigt worden. So hatte unter anderem das Verwaltungsgericht Halle in einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil (Az.: 3 A 158/09 HAL) festgestellt:

"Der oben dargelegte Befund einer im Wesentlichen nicht vorhandenen Wett- und Spielsucht im Bereich der Glücksspiele des staatlichen Lotto-Toto-Blocks belegt die oben schon dargelegte Inkohärenz bei der Bekämpfung der Wett- und Spielsucht."

Video
Europäischer Gerichtshof - Staatliches Monopol für Sportwetten und Lotterien unzulässig
Der EuGH stellte am 8.9.2010 fest: Der GlüStV erreiche nicht das Ziel des Staatsmonopols.

Das BVerwG (Az: 8 C 2.10 Rn. 45) stellte am 01.06.2011 fest:
Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003, Gambelli, a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77, 80). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden.

In der Vergangenheit haben das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein staatliches Glücksspielmonopol nur dann zulässig ist, wenn dadurch konsequent die Spielsucht bekämpft wird, und zwar kohärent, also für alle gleich geltend. Sonst muss der Markt für Wettbewerber geöffnet werden. Seitdem versuchen die Ministerpräsidenten den Spagat: vor Glückspiel warnen, ohne das eigene Geschäft in Frage zu stellen. "Die versuchen zu retten, was faktisch nicht zu retten ist - ihr Monopol", sagt der Münchener Medienrechtler Professor Johannes Kreile

Spielsucht: Verbote schützen nicht

Die Bedeutung der Spielsucht im Glücksspielrecht
Spielsucht hat keine messbaren größeren negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung und Gesellschaft als andere verhaltensbedingte, stoffgebundene Süchte wie Arbeitssucht, Computer-/Internetsucht, Esssucht, Kaufsucht, Sexsucht, Sportsucht. Spielsucht hat ferner keine auch nur annähernd so großen negativen Auswirkungen auf Bevölkerung und Gesellschaft wie der stoffgebundene Konsum von Tabak und Alkoholmissbrauch nicht zu staatlichen Monopolen auf Anbieterseite geführt. Spielsucht wird von interessierter Seite als einzige Suchtform zur (nachträglichen) Begründung eines staatlichen Monopols herangezogen. (s V.S.22, Reeckmann-Bedeutung der Spielsucht) pdf-download

Weitere Publikationen von Rechtsanwalt Martin Reeckmann, Regierungsdirektor a.D.


update: 29.05.2012