Sonntag, 5. Februar 2012

Der neue Glücksspielstaatsvertrag teilt Deutschland

Ist die Glücksspielpolitik auf dem richtigen Weg?

Nach langen Diskussionen in der Öffentlichkeit auf allen politischen Ebenen unterzeichneten die Ministerpräsidenten von 15 Bundesländern am 15.Dezember 2011 den Staatsvertrag zur Änderung des Glücksspiel-Staatsvertrages (1.GlüÄndStV). Der Vertrag proklamiert eine Liberalisierung des Glücksspielmarktes im Bereich Sportwetten. Er soll 2012 in Kraft treten, vorausgesetzt die EU-Kommission segnet den Vertragsentwurf ab und die Länderparlamente ratifizieren diesen. Nicht im Boot ist Schleswig-Holstein. Das nördlichste Bundesland fordert eine noch weitergehende Liberalisierung und geht in Fragen Glücksspiel mit einem eigenen Gesetz, das bereits am 01.Januar 2012 in Kraft trat, seinen individuellen Weg.

Das Staatsmonopol – eine Schlussbilanz

Trotz der uneinheitlichen Pläne der Bundesländer ist eines ganz sicher: Das absolute Staatsmonopol wird abgeschafft und der deutsche Glücksspielmarkt liberalisiert. Nach der mehrjährigen Alleinherrschaft des Staates im deutschen Glücksspielreich kann schon eine kurze Schlussbilanz gezogen werden: Das Monopol versagte sowohl auf ökonomischer als auch rechtlicher Ebene. Darauf soll im Folgenden kurz eingegangen werden. weiterlesen

„Die Glücksspielgesetznovellen der letzten Jahre waren in höchstem Maße rechtsstaatlich problematisch.“

Die Länder sind bereits zweimal – vor dem Bundesverfassungsgericht 2006 und dem Europäischen Gerichtshof 2010 – gescheitert, weil sie die angeführte Suchtbekämpfung nicht zur tatsächlichen Leitschnur des Glücksspielrechts gemacht haben, sondern inkohärent blieben. Ein drittes Scheitern können sich die Länder nicht leisten.

Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), forderte das Parlament laut einem "Focus"-Bericht auf, ein eigenes Glücksspielgesetz auf Bundesebene zu verabschieden, um die Länder an die Kandare zu nehmen.
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Staatsrechtler halten den "neuen" Glücksspielstaatsvertrag erneut für verfassungswidrig

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Glücksspielstaatsvertrag und Ländergesetze

Prof. Dr. Christoph Degenhart:
"Wenn Hoheitsgewalt ausgeübt werde, müssten die Entscheidungen der Behörden eines Landes von diesen Behörden gegenüber dem Parlament dieses Landes verantwortet werden." weiterlesen

Prof. Hans-Jürgen Papier:
Der neue Vertrag ist in mehrfacher Hinsicht "verfassungswidrig" und "kartellrechtlich" nicht haltbar. weiterlesen

Prof. Dr. Friedhelm Hufen:
Geplante Maßnahmen zur Eindämmung des gewerblichen Geld- Gewinnspiels größtenteils unverhältnismäßig weiterlesen

Der Direktor des Instituts für Staatsrecht und Verfassungslehre der Universität Heidelberg, Staatsrechtler Professor Dr. Bernd Grzeszick warnt die Bundesländer vor neuem Glücksspielstaatsvertrag weiterlesen

Münchener Medienrechtler Professor Johannes Kreile:
"Der Staat ist unehrlich, weil er unehrlich sein muss, denn er darf sein Monopol nicht einfach mit seinen fiskalischen Interessen rechtfertigen." Quelle

Der Europarechtler, Univ.-Prof. Dr. iur. Christian Koenig LL.M. (LSE), Universität Bonn. hält den neuen Vertrag in mehrfacher Hinsicht für gemeinschaftsrechtswidrig und schreibt: Die unionsrechtswidrig verliehenen Altkonzessionen werden in einem transparenten, diskriminierungsfreien und wettbewerbsoffenen Verfahren neu zu verteilen sein. (vgl. EuGH./.Österreich)

Im Fokus der Kritik des Europarechtsexperten Prof. Dr. Christoph Herrmann L.L.M., Universität Passau, stehen "die europarechtlichen Zweifel an der Gesamtkohärenz des 1. Glücksspieländerungsvertrages" sowie die Verletzung des Transparenzgebotes und die sog. "Guillotine-Regelung", die einen schweren Eingriff in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellt .

Die Geltung des Glücksspielstaatsvertrages ist am 31. Dezember 2011 ausgelaufen, ohne dass der EU-rechtlich und politisch im Entwurfsstadium steckengebliebene (GlüÄndStV-E) Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft treten konnte. Schleswig-Holstein ("S-H") hat dagegen ein eigenes Glücksspielgesetz verabschiedet, das am 1. Januar 2012 in Kraft treten konnte.
Der Mitgliedstaat muß seine Regulierungskonzepte mit seinen föderalstaatlichen Untergliederungen kohärent abstimmen. Nach Ziffer 54 des EuGH-Urteils Dickinger & Ömer (C-347/09) vom 15. September 2011 muss der Mitgliedstaat die Gesamtkohärenz, also die EU-rechtliche Geeignetheit und Erforderlichkeit bezogen auf den gesamten Mitgliedstaat, zur "Vergewisserung" damit befasster nationaler Gerichte nachweisen. "In diesem Zusammenhang obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt."  weiterlesen

Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses Siegfried Kauder (CDU) sagte dem Magazin, diese Ungleichbehandlung halte er für "einen glatten Verfassungsbruch, der vorsätzlich begangen wird, um den staatlichen Spielbanken und den Länderhaushalten Vorteile zu verschaffen". Focus) weiterlesen

Biedenkopf: Länder bilden unzulässiges Kartell          mehr s.u.

- Rede anlässlich der Eröffnung der IMA 2011 -
Die Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages durch die Bundesländer zur Sicherung des Glücksspielmonopols ist nach der Einschätzung von Professor Dr. Kurt Biedenkopf "ein Kartellvertrag". weiterlesen

Treffpunkt Europa: Glücksspiel in der EU
In dieser Ausgabe des Treffpunkt Europa geht es um Pferderennen, Roulette und einmarmige Banditen, um Lotto Totto und ums Pokerface.

Wetten und Glücksspiele haben in Europa immer Konjunktur. Aufgemischt wurde der milliardenschwere Markt Ende 2010 durch die Entscheidung des europäischen Gerichtshofs: Das Monopol der staatlichen Glücksspielmacher kippte weil es gegen die Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit verstoße, lautete die Begründung für das Urteil. Die EU öffnete somit Online-Wetten, den Casino- und den Poker-Markt. Mehr zum Thema in dieser Ausgabe des Treffpunkt Europa zum Thema Glücksspiel in der EU. Quelle

Die Unionsgrundrechte gelten immer - und müssen auch dann eingehalten werden, wenn der betroffe Staat ein nennenswertes wirtschaftliches Interesse hat und zu Einnahmezwecken ein unionsrechtswidriges Kartell installierte. (EuGH v. 10.09.2010)

Das Recht kann nicht der Beliebigkeit der Politik unterworfen werden
- dies würde zur Willkür führen !

Auch aus Art.
10 EG folgt eine Schutzpflicht des Staates, sich so zu verhalten, dass Beschränkungen von Grundfreiheiten nicht mehr möglich sind.


Deutsche Automatenwirtschaft und Berliner Automatenunternehmer gehen vor das Landesverfassungsgericht weiterlesen

Nachdem der EuGH die Anwendbarkeit seiner Entscheidungen auf den effet utile  122 stützte, so hat er dieses Begründungsmuster später ergänzt um eine Argumentation, die auf die Treuwidrigkeit des mitgliedstaatlichen Verstosses abstellt.
Die unmittelbare Anwendung der Richtlinie soll verhindern, dass der Mitgliedstaat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen zieht. 123 
122  EuGH  Urt. v 3.12.1974 Rs 41/74  van Duyn, Slg.  1974, 1337ff. (1348, Tz. 12)
123  EuGH, Urt. v. 5.4.1979 Rs. 148/78 Ratti, Slg. 1979, 1629 ff. (1642, Tz.22)
Quelle:  (s. S. 82) Verwaltungsvertrag und Gesetz: eine vergleichende Untersuchung  ...  von Elke Gurlit

FRAGENKATALOG EUROPARECHT Prof. Feik
Kartellrecht
Art 81 EG ist die zentrale Vorschrift des Kartellrechts. Abs 1 Kartelltatbestand, Abs 2 zivilrechtliche Folge/ Nichtigkeit betreffender Verträge, Abs 3 Freistellung vom Kartellverbot

Josef Schulte / Christoph Just (Hrsg.) Kartellrecht

GWB, Kartellvergaberecht, EU-Kartellrecht
Kommentar


Heymanns Kommentare
1. Auflage 2012
1950 Seite(n), gebunden

EUR 188,00

Bücher Carl Heymanns Verlag

ISBN 978-3-452-27346-8

Der neue Rechtsprechungskommentar zum nationalen und europäischen Kartellrecht in der bewährten Reihe der Heymanns Kommentare erläutert in inhaltlich klarer, verständlicher und konzentrierter Form die wichtigen Fragen zum Kartellrecht anhand der Rechtsprechung von EuGH, BGH und der OLGe. Hinweise auf abweichende Handhabungen in der Praxis ergänzen die Darstellung.

Die Kommentierung umfasst auf nationaler Ebene die Vorschriften des GWB (inkl. der Normen zum Vergaberecht). Auf europäischer Ebene umfasst sie die Artikel 101-106 AEUV (ex Artikel 81-86 EG) sowie die einschlägigen sekundärrechtlichen Regelungen inkl. einer Kurzdarstellung des europäischen Kartellverfahrensrechts (FusionskontrollVO, FuE-GVO, TT-GVO, VerfahrensVO 1/2003, Vertikal-GVO).

Neben der Kommentierung bietet das Werk im Anhang weitere wichtige Rechtstexte sowie ein Entscheidungsregister.

Die Herausgeber:
Dr. Josef Lothar Schulte und Christoph Just

Die Autoren aus der Anwaltschaft, den zuständigen nationalen Gerichten und europäischen Behörden verfügen über besondere fachliche Kompetenz und langjährige Erfahrung auf dem Gebiet des Kartellrechts:

Dr. Lars Albath, LL.M., Europäische Kommission, GD Human Resources & Security;
Dr. Georg de Bronett, Europäische Kommission, GD Wettbewerb, Abt.lt. a.D.;
Dr. Michael Dallmann, LL.M. (London), Rechtsanwalt in Frankfurt am Main;
Prof. Dr. Jochen Deister, GGS-German Graduate School of Managament&Law/Direktor des Syndikusinstituts; vorm. Motorola Lead Counsel;
Christoph Just, LL.M., FA VerwR, FA SteuerR, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main;
Dr. Manuel Kellerbauer, Maître en droit, Europäische Kommission, Juristischer Dienst;
Dr. Henning Leupold, LL.M. (London), Europäische Kommission, GD Wettbewerb;
Dr. Andreas Lober, Maître en droit, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main;
Tobias Maass, LL.M. (Chicago), Europäische Kommission, GD Wettbewerb;
Dr. Christoph Peter, LL.M. (London), Rechtsanwalt in Frankfurt am Main;
Hubertus v. Rosenberg, LL.M. (Leuven), EFTA Surveillance Authority Competition & State Aid;
Dr. Ralf Sauer, LL.M. (Yale), Europäische Kommission, Juristischer Dienst;
Dr. Josef Lothar Schulte vBP, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main;
Dr. Erik Staebe, Rechtsanwalt, Leiter Regulierungsrecht, Deutsche Bahn AG, Berlin;
Dr. Sebastian Steinbarth, LL.M. (Leuven), Rechtsanwalt in Frankfurt am Main;
Dr. Olaf Weber, LL.M. (Edinburgh), Richter am Amtsgericht Saarbrücken, vorm. Europäische Kommission, Juristischer Dienst;
Dr. Wolfgang Weber , Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11. Zivilsenat/Kartell- und Vergabesenat 


Webseite der Europäischen Kommission
Der Binnenmarkt für Dienstleistungen - Glücksspiele
Studie über Glücksspiele - Vertragsverletzungen
EUR-Lex

Einzelne Rechtsvorschriften: Kartellverbot / Kartelle
Rechtsprechung des EuGH

Antitrust:
Kartelle und Missbrauch bei Marktbeherrschender Stellung

Kartellrecht

"Letztes Mittel" die Möglichkeit der Entflechtung Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf für ein moderneres Wettbewerbsrecht beschlossen. Ziel ist es, die Missbrauchsaufsicht über Unternehmen und die Fusionskontrolle zu verbessern. Die Verbraucherverbände können künftig Unternehmen verklagen, wenn diese gegen Kartellrecht verstoßen.  weiterlesen

Kartellverfahren gegen die Deutsche Bahn

EU nimmt Bahn wegen Preisen für Bahnstrom ins Visier
Brüssel/Berlin (Reuters) - Die EU-Kommission hat ein Kartellverfahren gegen die Deutsche Bahn und mehrere Tochterfirmen im Zusammenhang mit dem Preissystem für Bahnstrom eröffnet.
"Es besteht der Verdacht, dass sich diese Unternehmen an einem wettbewerbswidrigen Preissystem für Bahnstrom beteiligt haben", erklärte die Kommission am Mittwoch in Brüssel.
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Kartellbußen sollen Verbraucherarbeit finanzieren
Kartellbußen sollen künftig zur Finanzierung der Verbraucherarbeit beitragen.
Kartellbußen sollen künftig nicht mehr vollständig in den Bundeshaushalt fließen. Stattdessen soll der Bund aus einem Teil der Gelder ein Sondervermögen anlegen, mit der die Arbeit von Verbraucherorganisationen zweckgebunden unterstützt wird.
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„Unrechtsgewinne und Bußgelder für Kartelle dürfen nicht im Bundeshaushalt verschwinden“
- Rechtsgutachten fordert Sondervermögen des Bundes für die Verbraucherarbeit, Verbände sollen Kartellbußen und Unrechtserlöse aus Verstößen gegen den lauteren Wettbewerb erhalten
- Remmel: „Wettbewerbswidriges Verhalten darf sich für Unternehmen nicht lohnen“
- Nordrhein-Westfalen will Verbraucherinnen und Verbraucher mächtig machen und ihre Rechte stärken
Gutachten "Zweckgebundene Verwendung von Unrechtserlösen und Kartellbußen zur Finanzierung der Verbraucherarbeit" (pdf-download 655 KB)
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Das Blog zu Kartellrecht und Fusionskontrolle
(Kartell-)Recht im Kontext

Kartellamtsverfahren
Bundesgerichtshof (BGH)
Mitteilung der Pressestelle
Pressemitteilung Nr. 118/11 vom 29.6.2011
Kartellteilnehmer haften auch mittelbar Geschädigten auf Schadensersatz

Urteil des Kartellsenats vom 28.6.2011 - KZR 75/10 – pdf-download

zuletzt aktualisiert: 21.06.2012