Freitag, 23. März 2012

Wissenschaftliche Studie beweist: Online-Poker Texas Hold'em birgt – wie die Sportwette – nur mittleres Suchtrisiko.

TÜV definiert ein neues Mess- und Bewertungssystem für Online-Glücksspielprodukte.

Köln, den 22.03.2012 – Erstmalig ist der Risikofaktor von Glücksspielen mess- und bewertbar. TÜV TRUST IT GmbH Unternehmensgruppe TÜV AUSTRIA veröffentlicht Studie zur Bewertung von Online-Glücksspielen.

Online-Poker ist in Deutschland (mit Ausnahme des Bundeslandes Schleswig-Holstein) und vor allem in osteuropäischen Teilen der EU bis heute nicht reguliert. Trotz dieses Verbots ist der deutsche Markt für Online-Poker der zweitgrößte der Welt. Etwa zehn Prozent aller online Pokerspielenden kommen aus Deutschland. Dies ist der Befund einer wissenschaftlichen Studie des Forschungsinstituts für Glücksspiel und Wetten im Auftrag der TÜV TRUST IT GmbH Unternehmensgruppe TÜV AUSTRIA. Die Studie untersuchte die potenzielle Suchtgefährdung von Online-Poker in seiner populärsten Variante Texas Hold'em No-Limit.

Der Entwurf für einen neuen Staatsvertrag, der eine unterschiedliche Behandlung von Online-Poker und Online-Sportwetten vorsieht, ist von der EU-Kommission aufgrund von nicht ausreichenden Belegen für diese Ungleichbehandlung von Glücksspielen mit ähnlichem Suchtpotenzial stark kritisiert worden.1 Auch Vertreter der Wissenschaft bemängeln das Fehlen von festen Regelungen im Umgang mit Online-Poker. So auch Professor Peren, wissenschaftlicher Direktor des Forschungsinstituts für Glücksspiel und Wetten in Bonn: "Würde der Markt für Online-Poker in Deutschland und anderen Teilen der EU weiter unreguliert bleiben, so würden auch in Zukunft viele Bürger in den Schwarzmarkt gedrängt und letztendlich kriminalisiert. Dies hätte zudem zur Folge, dass pathologische Spieler hier nicht identifiziert werden können und nicht suchtpräventiv behandelt würden." Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass pathologische Spieler derzeit einen nachhaltigen Schaden generieren und dieser Schaden gegenwärtig über einen zweifelsfrei existenten Schwarzmarkt entsteht und damit vollkommen unreguliert zu Lasten der gesamten Volkswirtschaft. Zudem ist ein wirksamer Spielerschutz gegenwärtig aufgrund der herrschenden Rechtslage nicht möglich.

Mit einem eigenen Glücksspielgesetz hat das Land Schleswig Holstein den Weg der Regulierung des (Online-)Glücksspielmarktes beschritten. Seitdem befindet sich das Thema Glücksspielrecht in Deutschland im Umbruch. Durch diese mögliche Neuregelung sind die Themen Spielerschutz, Jugendschutz, Suchtprävention sowie Geldwäsche weiter in den Vordergrund gerückt.

Während es in den angestammten Prüfbereichen des TÜV klare Kriterien und Normen gibt, die für eine Prüfung herangezogen werden können, lagen für die Bereiche Sucht- und Spielerschutz bis jetzt keinerlei solche festen Kriterien vor.

Damit konnte sich die TÜV TRUST IT als neutrale und unabhängige Institution, deren Prüfungen ausschließlich anerkannte Standards aus relevanten Normen zugrunde liegen, nicht zufriedengeben. Um erste Schritte zur Entwicklung klar prüfbarer Kriterien zu gehen, hat die TÜV TRUST IT mit der Wissenschaft auf internationaler Basis eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit der Bewertung von Online-Glücksspielen befasst. Die TÜV TRUST IT folgt mit diesem Vorhaben dem Ruf des Europäischen Parlaments (Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz), den europäischen Markt für Online-Glücksspiele über einen Mindeststandard zu regulieren bzw. zu harmonisieren.2

Inhalt der Studie ist die Definition eines Bewertungssystems für Glücksspielangebote, um neutrale Prüfungen und ggf. Zertifizierungen zu ermöglichen. Darüber hinaus wurde in der Studie das definierte und beschriebene Prüfsystem am Online-Poker-Spiel in der Variante Texas Hold'em angewendet. Dabei hat sich deutlich gezeigt, dass Online-Poker als mittleres Risiko zu bewerten ist und damit in der gleichen Risikoklasse wie Sportwetten liegt. An der Validierung zur Bewertung des Suchtpotenzials von Online-Poker in der Variante Texas Hold'em No-Limit beteiligten sich namhafte Wissenschaftsexperten (Schwerpunkt: Suchtforschung) aus Deutschland, England, Italien, Schweden, den Niederlanden sowie der Schweiz. Zudem bestätigt sie das Ergebnis einer Studie aus den Niederlanden aus dem Jahr 2010.3

Mit dieser Studie hat der TÜV nun die Basis für eine klare Prüfgrundlage zur Verfügung. "Mit dieser Grundlagenarbeit wird es möglich, neutrale, prüf- und bewertbare Kriterien für den Themenkomplex Suchtprävention und Spielerschutz zu definieren und darüber hinaus Onlineangebote und Offlineangebote im Bereich Glücksspiel hinsichtlich ihres Suchtrisikos zu bewerten", erklärt Detlev Henze, Geschäftsführer der TÜV TRUST IT. Darüber hinaus haben die Regulierungsbehörden der Länder nun die Möglichkeit, das konkrete Suchtrisiko von Glückspielangeboten messen und bewerten zu lassen.

1 http://www.lto.de//recht/hintergruende/h/gluecksspielstaatsvertrag-eu-kommission-schleswig-holstein-sportwetten/

http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article13934383/Bruessel-verweigert-gruenes-Licht-fuer-deutsches-Gluecksspiel.html

2 http://www.europarl.de/ressource/static/files/pressemitteilungen/pm_online-glucksspiele_15.09.2011.pdf

3 Meerkerk, G.J., Risselada, A., Schrijvers, C. (2010): The cards on the table. Report of a survey carried out into the nature, severity and extent of poker addiction in the Netherlands, Rotterdam. Die Studie basiert auf einer Literaturanalyse zur Spielsucht, aus Expertengesprächen mit Mitarbeitern von Suchthilfeorganisationen, Sozialarbeitern, Psychologen, Casinoangestellten und Spielsüchtigen sowie einer repräsentativen Umfrage in der Bevölkerung. Im Ergebnis heißt es auf Seite 21 der englischen Übersetzung explizit: "The risk of addiction to poker is slight".

Forschungsinstitut für Glücksspiel und Wetten

Das Forschungsinstituts für Glücksspiel und Wetten, mit Sitz in Sankt Augustin, beschäftigt sich interdisziplinär mit wissenschaftlichen Fragestellungen und Gutachten zu Glücksspielen, Wetten und Sportwetten aus ökonomischer, rechtlicher, medizinischer, psychologischer, sozialwissenschaftlicher und mathematischer Sicht.

Weitere Informationen: www.forschung-gluecksspiel.com

TÜV TRUST IT GmbH

Der TÜV ist seit 140 Jahren eine neutrale und unabhängige Prüf- und Sachverständigenorganisation, die mit ihren Zertifikaten die Konformität und Compliance zu Standards und Regularien bescheinigt. Die TÜV TRUST IT GmbH ist seit vielen Jahren im Bereich Online Gaming und Gambling tätig, beispielsweise mit dem Zertifizierungsschema "Trusted Online Gaming". In diesem Bereich haben sich die Experten in der Vergangenheit auf die Themenblöcke Recht (Compliance) und IT Sicherheit (technische IT Sicherheit und organisatorische-/Prozesssicherheit) konzentriert.

Weitere Informationen: http://www.it-tuv.com

Bitte fordern Sie die Studie bei uns an, gerne senden wir Ihnen diese umgehend per E-Mail zu.

Text im Internet verfügbar unter: http://www.it-tuv.com
http://www.it-tuv.com/news/online-poker-texas.html
Ansprechpartner:
TÜV TRUST IT GmbH
Unternehmensgruppe TÜV AUSTRIA
Detlev Henze
Geschäftsführer
detlev.henze@it-tuv.com
  
Quelle

Interview mit Prof. Dr. Dr. Peren: Man sollte Poker nicht verteufeln (Teil 1)
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Warum sollte Online-Poker legalisiert werden? Warum tut sich die Politik so schwer damit und was läuft schief in der gesellschaftlichen Diskussion über das Glücksspiel?

"Der Staat möchte an seinen Einnahmen festhalten"

PokerStrategy.com: Warum glauben Sie, tun sich die Politiker so schwer, hier eine sinnvolle Regelung zu finden?

Franz W. Peren: (lacht) Zwei Antworten: Erstens aus Unkenntnis. Die SPD soll zum Beispiel erst letzte Woche gesagt haben, dass ein Verbot von Automaten verhindern würde, dass jugendliche Minderjährige dort spielen. Was für eine Unkenntnis der Sach- und Gesetzeslage! Es ist bereits heute per Gesetz verboten, dass Jugendliche in Spielhallen spielen. Dieses Beispiel offenbart, dass viele Parlamentarier, die sich öffentlich zu Glücksspielen äußern, unzureichend informiert zu sein scheinen.

Der zweite Punkt ist das Festhalten an staatlich monopolisierten Einnahmen.
Klaus Staeck schrieb in der Frankfurter Rundschau, wenn sich die Liberalisierung und Regulierung der Märkte durchsetzen würde, dann gäbe es keine hinreichende Jugendförderung im Sport mehr, da diese Förderung durch das staatliche Lotto und Toto finanziert würde. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was uns hier für Märchen erzählt werden.  weiterlesen


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zuletzt aktualisiert: 02.04.2012