Mittwoch, 14. November 2012

Notifizierungspflicht: Brandenburgs Spielhallengesetz gestoppt

Kritiker hatten im Vorfeld auf die Notifizierungspflicht hingewiesen. Die oppositionelle FDP-Fraktion bezeichnet das Gesetz deswegen als „europarechtswidrig“.

Da das Vorhaben die Dienstleistungsfreiheit berührt, müsse es von der Europäischen Union genehmigt werden, hieß es auf MAZ-Anfrage aus dem Wirtschaftsministerium. 
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Bereits in seiner Costa - Entscheidung (s.u.) hat der EuGH neben der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, des Gleichbehandlungs- und Effektivitätsgrundsatzes auch die Mindestabstandsregelung thematisiert.

Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union binden in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden. weiterlesen

In der Rechtssache Fortuna bestätigt der Europäischer Gerichtshof die Notifizierungspflicht bei der Änderung technischer Normen für Glücksspielautomaten

Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) müssen geplante Gesetzesänderungen hinsichtlich Glücksspielautomaten der Europäischen Kommission vorab notifiziert (d.h. im Entwurf mitgeteilt) werden, wenn diese Bestimmungen die Art und die Vermarktung wesentlich beeinflussen können (Urteil vom 19. Juli 2012 in den verbundenen Rechtssachen Fortuna C-213/11, Grand C-214/11 und Forta C-217/11).

Nach Auffassung des EuGH muss das nationale Gericht neben der Möglichkeit einer (Um-)Programmierung der Automaten nunmehr prüfen, ob die Verringerung der Stätten für Automatenspiele auch mit einer Begrenzung der Höchstzahl der Spielkasinos und der dort benutzbaren Spielautomaten einhergeht.

Mit dem Urteil  (Az: 9 O 476/12) vom 10. Mai 2012 hob das LG Bremen das Glücksspiel-Internetverbot gegen Tipp24 auf
Zur Begründung führt das Landgericht aus:
"Die Verfügungsbeklagte zu 1) hat nicht gegen eine gesetzliche Bestimmung verstoßen, die das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele untersagt. Zwar soll ein solches bis zum 31.12.2011 aus § 4 Abs. 4 GlüStV folgendes Verbot gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 BremGlüStVG als bremisches Landesgesetz fortgelten. Diese Vorschrift kann jedoch nicht angewandt werden, weil das Land Bremen seiner europarechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen ist.  weiterlesen

Zur Notifizierung des Spielautomatenverbots in Ungarn:
Regierungsnahe Kreise beherrschen Casino-Szene
Wie das ungarische Wirtschaftsmagazin HVG berichtet, stecken hinter dem gesetzlichen Verbot von Spielautomaten in Ungarn, das jedoch nicht für lizensierte Casinos gilt, auch noch andere als die von der Regierung genannten "nationalen Interessen" (mafiöse Strukturen und Verbindungen in die Behörden) oder gar die behauptete soziale Fürsorge für verarmte Spielsüchtige. 

Notifizierung der Änderung
Notifizierungs Nummer:    2012/560/HU
Empfangs Datum: 01-Oct-2012
8. Inhaltszusammenfassung
Der Entwurf enthält die Änderung des Gesetzes über das Betreiben von Glücksspielen. Ziel des Entwurfs ist die Beschränkung der Möglichkeit der Betreibung von Glücksspielautomaten.
Quelle

Mit der Costa - Entscheidung des EuGH (Rs. C-72/10 und C 77/10) wird erneut die unzulässige Konzessionsvergabe gerügt und eine Verletzung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sowie des Gleichbehandlungs- und Effektivitätsgrundsatzes festgestellt.

Im vorliegenden Verfahren prüft der Gerichtshof der Europäischen Union als Erstes die nationale Bestimmung, nach der die neuen Konzessionäre mit ihren Einrichtungen einen Mindestabstand zu den bereits vorhandenen Konzessionären einzuhalten haben. Diese Maßnahme bewirkt nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs, dass die von den bereits etablierten Betreibern erworbenen Geschäftspositionen zum Nachteil der neuen Konzessionäre geschützt sind, die sich an Orten niederlassen müssen, die geschäftlich weniger interessant sind als die der etablierten Betreiber. Eine solche Maßnahme bedeutet somit eine Diskriminierung der von der Ausschreibung von 1999 ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer.

Eine Rechtsvorschrift, die einen Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern – sei es auch nur vorübergehend – vom Markt zulässt, könnte nur dann als angemessen betrachtet werden, wenn ein wirksames gerichtliches Verfahren und, falls sich der Ausschluss später als ungerechtfertigt erweisen sollte, Ersatz für den entstandenen Schaden vorgesehen sind. ( Urteil Rs. C-72/10 und C 77/10 Costa u.a. Rn 81) weiterlesen

Neben der Dienstleistungsfreiheit  und der - selbstverständlichen - Beachtung der Standards der EU-Grundrechte-Charta (insbesondere Art. 1 bis 4, 47 bis 50) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (insbesondere Art. 1 bis 3, 6 und 7) wird darauf zu achten sein, dass die allgemeine Handlungsfreiheit der EU-Bürger nicht durch eine einseitig an der Durchsetzung der (wirtschaftlichen) Grundfreiheiten ausgerichtete Gesetzgebung unangemessen eingeschränkt wird.
EU-Justizpolitik nach dem Vertrag von Lissabon, S.6 

Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum etwa das sogenannte „kleine Spiel“ am Münzautomat im Kasino anderen Regelungen unterliege als in der Spielhalle.
Anzustreben sei vielmehr eine rechtssichere Lösung, die kohärent und in systematischer Weise das Glücksspiel – in der Spielhalle und im Casino – regele und der Bekämpfung der Spielsucht sowie der Verhinderung von Illegalem Spiel diene, erklärte Jürgen Frömmrich

Prof. Dr. Friedhelm Hufen, Professor für Öffentliches Recht - Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Mainz: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Glücksspielstaatsvertrag und Ländergesetze - Geplante Maßnahmen zur Eindämmung des gewerblichen Geld- Gewinnspiels größtenteils unverhältnismäßig.

Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zum österreichischen Glücksspielautomatenrecht
Wie in Deutschland geht dabei um die Kernfrage, ob diese Beschränkungen im Glücksspielsektor erlaubt sind oder als unzulässige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit anzusehen ist.
Die EU-Mitgliedstaaten dürfen nach Europarecht zwar Einschränkungen vornehmen – allerdings nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Ein Einschränkung kann etwa dann erfolgen, wenn (Quasi-)Monopolregelungen der Kriminalitätsbekämpfung und dem Spielerschutz dienen und nicht nur auf eine Erhöhung der Staatseinnahmen abzielen (wofür der einschränkende Mitgliedstaat allerdings darlegungs- und nachweispflichtig ist).
Dass diese Voraussetzungen in Österreich gegeben sind, bezweifelt der UVS in dem Vorlagebeschluss.

Für problematisch hält der UVS des Weiteren, dass die Abgrenzung zwischen dem gerichtlich strafbaren Tatbestand und dem Verwaltungsstraftatbestand nicht unmittelbar im Gesetz erfolge. Diesebzüglich zweifelt der UVS daran, dass dies den “demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen” genügt. Der UVS verweist in diesem Zusammenhang auf die “(grundsätzlich) doppelte, nämlich sowohl gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Strafbarkeit samt den entsprechenden (vorläufigen und dauerhaften) Sicherungsbefugnissen sowie den damit bereits verbundenen negativen Folgewirkungen (wie insbesondere Stigmatisierung [vgl. den Ausgangsfall A] und “Beweislastumkehr” i.S. einer Verpflichtung zur Führung eines Entlastungsbeweises“. Theoretisch könnten bereits Betriebsschließungen angeordnet werden, wenn noch gar nicht geklärt ist, ob eine Verwaltungsstraftat vorliege. Daher wird bezweifelt, dass die “demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen” sowie das “Fairness- und Effektivitätsgebot” erfüllt werden.

Eine Beschränkung der Erwerbsfreiheit sei nur zulässig, wenn es dafür gute Gründe gebe - etwa Kriminalitätsvorbeugung und Verbraucherschutz. Weder den Bescheiden des Landes noch den Gesetzen könne aber entnommen werden, "dass und inwiefern die Kriminalität im Zusammenhang ... mit dem kleinen Glücksspiel überhaupt ein ernst zu nehmendes sozialpolitisches Problem" sei, heißt es in dem Schreiben, das dem Standard vorliegt. weiterlesen

Kann mit schärferen Auflagen für private Spielhallen die vom EuGH/BVerwG geforderte Gesamtkohärenz (s. Art. 49 EG)) geschaffen werden, wenn die Spielsuchtgefahr bei "Einarmigen Banditen" in staatlichen und privatisierten Spielbanken bis zu siebenmal höher ist, und sich Monopolbetriebe nicht an die Werbeauflagen halten und ihr Angebot weiter ausweiten ? weiterlesen

Nach obiger. Entscheidung des EuGH, ist die Anzahl der benutzbaren Spielautomaten in staatlichen Spielkasinos entsprechend zu reduzieren!

In den letzten Jahren haben die Spielbanken mit der Schaffung von Dependancen, im Bereich der Innenstädte Automatensäle eröffnet und zielen damit auf neue Kunden mit dem „kleinen Geldbeutel.“ Dies obwohl gerade von Automatenspielen die höchste Suchtgefahr ausgeht und Glücksspiel an "staatlichen/privatisierten" Slot-Machines in keiner Weise limitiert ist.  mehr

Die Umsatzsteuer wird bei den öffentlichen Spielbanken auf die Spielbankenabgabe angerechnet, jedoch nicht bei den gewerblichen Automatenaufstellern auf die Vergnügungssteuer.
Mit der aktuellen Entscheidung stellt das Finanzgericht Hamburg die Doppelbesteuerung des Automatenspiels durch Umsatzsteuer und Vergnügungssteuer in Frage und legt die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

wikipedia:
Für eine Fortentwicklung der Automatensteuer ist zu bedenken, dass eine Besteuerung nach Spielumsatz sich der Umsatzsteuer nähern könnte, was wegen der Doppelbesteuerung wahrscheinlich unzulässig wäre. Außerdem wird die Umsatzsteuer für Automatenaufsteller vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften für nicht vereinbar mit EU-Recht gehalten, was eine zusätzliche Problematik aufwirft. Interessant wird auch die Frage bleiben, ob ein "Einarmiger Bandit" künftig vergnügungssteuerpflichtig wird. Der Betrieb dieser Geräte wird nicht, wie bei den anderen, als gewerbliches Glücksspiel verstanden. Ähnlich wie beim Lotto werden staatliche Konzessionen vergeben. Zusammen mit z. B. dem Betrieb von Roulettesälen wurde hier eine Spielbankabgabe an die Kommunen gezahlt, über die sich allerdings die Länder als Betreiber und die Kommunen ebenfalls gerichtlich streiten.

Hinzu kommt, dass die sog. Spielbankabgabe, im Gegensatz zur Vergrügungssteuer, eine erfolgsorientierte Abgabe ist, welche über Freibeträge eine Grundsicherung der wirtschaftliche Existenz der Spielbankbetreiber sichert.

Studie: Vergnügungssteuer über 10 % erdrosselnd! 
Die Vergnügungssteuer und die Deutsche Automatenwirtschaft

Die Grenze: freie Berufswahl
Beim Vergnügen darf die Stadt nicht schamlos mit kassieren. Die Vergügungssteuer darf, so heißt es mit Blick auf die Rechtsprechung, "keine erdrosselnde Wirkung" entfalten, so dass sie als ungebührlicher "Eingriff in freie Berufswahl" empfunden werden kann.

Mehr zum neuen Glücksspiel-Staatsvertrag


Podiumsdiskussion der FDP-Fraktion: Fortschritt oder Rückschritt – das geplante Brandenburgische Spielhallengesetz

Die FDP-Fraktion im Landtag Brandenburg lud zu einer Podiumsdiskussion über das geplante Brandenburgische Spielhallengesetz. Anlass war die zunächst für den kommenden Tag geplante Abstimmung im Plenum des Landtages, die wegen formaler Fehler der Landesregierung kurzfristig verschoben werden musste.

Mit der Podiumsdiskussion ging die FDP-Fraktion der Frage nach, wie das Ziel der Spielsuchtbekämpfung umgesetzt werden kann, ohne eine ganze Branche dauerhaft zu gängeln und den Betreibern von Spielstätten ihre Existenzgrundlage zu nehmen.

Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte diskutierten mit dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Andreas Büttner, Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen, Jürgen Trümper, Geschäftsführer des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V., und Thomas Breitkopf, Erster Vorsitzender des Verbandes der Automatenkaufleute Berlin und Ostdeutschland.

Nach Eingangsstatements der beiden Vertreter der Suchthilfeorganisationen stellte Andreas Büttner die Haltung der Liberalen zum geplanten Gesetzentwurf dar. Als ersten Erfolg wertete er die Tatsache, dass aufgrund einer Intervention der FDP-Fraktion das Spielhallengesetz aus einem anderen Gesetz herausgelöst worden und nur deshalb im August eine umfassende Diskussion über den Gesetzentwurf mit Experten in einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss möglich geworden sei.

Ein Ergebnis der Anhörung war, dass die definierten Ziele des Brandenburgischen Spielhallengesetzes – Vorgaben aus dem Glücksspielstaatsvertrag auszugestalten, den Bestand von Spielhallen zu begrenzen, das Erscheinungsbild der Spielhallen zu regeln, die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten und schließlich der Glücksspielsucht vorzubeugen – so nicht erreicht werden können.

Hierzu legte Andreas Büttner dar, dass ein Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung des Glücksspielrechts durch das Spielhallengesetz und Glücksspielsucht nicht erwiesen ist. Durch die Verknappung der Anzahl von Spielstätten werde keine Reduzierung des Glücksspiels erreicht. Vielmehr drohe eine Verdrängung in das Internet und in die Illegalität, was die Hilfe und Prävention für Spielsüchtige noch erschwere. Hierüber waren sich alle Diskutanten einig.

Erwiesenermaßen wirksame Elemente des Spielerschutzes, wie eine Spielersperre, die beispielsweise im Hessischen Spielhallengesetz vorgesehen ist, finden sich im Gesetzentwurf für Brandenburg nicht. Dies wurde einhellig beklagt, jedoch eine Umsetzung der Spielsperre für alle Glücksspielanbieter unter Beachtung datenschutzrechtlicher Anforderungen gefordert.
Andreas Büttner wies weiter darauf hin, dass die Landesregierung ein Gesetz mit beispielsweise Mindestabstandsregelungen erlasse, dabei aber über keine Kenntnis den betreffend aktuellen Bestand von Spielstätten in Brandenburg verfüge. Thomas Breitkopf bekräftigte, dass die Situation in Brandenburg in keiner Weise etwa mit der Lage in Berlin vergleichbar sei. Dort gehe eine Gefahr von so genannten Spielcafés aus, die in Berlin sehr verbreitet seien. Betreiber in Brandenburg seien vor allem kleine und mittlere Familienunternehmen. Die soziale Kontrolle und die Tatsache, dass Spielstättenbetreiber in den meisten Fällen ihre Kunden kennen, führen schon zu einer ersten Beschränkung der Suchtgefahr.

Entscheidend für die Wirksamkeit von Gesetzen ist die konsequente Umsetzung von gesetzlichen Regelungen. Gerade die Kontrolle durch die Ordnungsämter ist aber aufgrund der Personalsituation in Brandenburg nicht zu leisten. Hierauf hatte schon der Städte- und Gemeindebund in seiner Stellungnahme hingewiesen. Folglich handelt es sich bei dem Entwurf für ein Brandenburgisches Spielhallengesetz um reine Symbolpolitik – „schmerzhafte Symbolpolitik“, sagte Andreas Büttner, „denn dieses geplante Gesetz kostet Freiheit, kostet Existenzen und vernichtet Arbeitsplätze“.

In der Bilanz des Austauschs zwischen den Vertretern der Automatenwirtschaft, der Suchthilfeorganisationen und der Politik zeigten sich erstaunlich viele Übereinstimmungen: Wirksamer Spielerschutz ist allen Diskutanten ein vorrangiges Anliegen – dieser sei aber vor allem durch die Intensivierung der Vernetzung von Spielstättenbetreibern und Suchthilfeorganisationen sowie eine qualifizierte Ausbildung der Angestellten in Spielhallen und wirksame Zugangskontrollen erreichbar. All dies sei aber nicht per Gesetz zu verordnen. Stattdessen sprach man sich für einen Runden Tisch aus, der alle Beteiligten zusammenführt und somit eine wirklich nachhaltige Wirkung für alle Beteiligten in Brandenburg erzielen kann.