Dienstag, 23. Juli 2013

Bezirk Berlin Mitte gegen illegale Automaten

Zugriff auf Vermögen

Das Bezirksamt Berlin Mitte geht streng gegen überzählige Geldspielgeräte vor. Das Amt wird in Zukunft eher zur Maßnahme einer Vermögensabschöpfung greifen. Grundlage ist ein Gerichtsurteil. Ein Automatenunternehmer sollte für zwei nicht genehmigte Geräte 25.000 Euro zahlen. Er klagte dagegen. Erfolglos - die Richter hielten sogar 40.000 Euro für angemessen.

Der Automatenunternehmer hatte zehn statt der in Berlin erlaubten acht Geldspielgeräte für seine Kunden zur Verfügung gestellt. Der damit erzielte Gewinn wurde vom Bezirksamt eingefordert, so Carsten Spallek, Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung in Berlin Mitte. Der Betreiber hatte dagegen Widerspruch eingelegt, der nun abgewiesen wurde.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aber Stadtrat Spallek sieht in der Vermögensabschöpfung nun eine wirksame Maßnahme gegen illegale Automaten. "Wenn das Gerichtsurteil gilt, dann werden wir in anderen Fällen, bei ähnlichen Rahmenbedingungen, wieder so vorgehen", kündigt er an. Man muss davon ausgehen, dass andere Bezirksämter sich daran ein Beispiel nehmen.
Quelle: gamesundbusiness

Hintergrund:

Durch die Entscheidung des BVerwG, der Annahme des Vorlageverfahrens Rs. C-440/12 durch den EuGH, der Ablehnung des GlüStV durch die Kommission, sowie weiterer Gerichtsentscheidungen ist der Anordnung jedoch die Rechtsgrundlage abhanden gekommen.

Im Hinblick auf die Berufs- und Eigentumsfreiheit von Spielhallenbetreibern und Spielhallenvermietern ist besonders gravierend,
dass trotz unbefristet erteilter Baugenehmigungen und Konzessionen die bisherigen bau- und gewerberechtliche Erlaubnisse teilweise schon zum 01.07.2013 ihre Gültigkeit verloren haben bzw. gegenstandslos wurden. weiterlesen
Aus dem Urteil des VG Berlin geht hervor, dass nach neuer Rechtslage 400 von derzeit 500 genehmigten Spielhallen schließen müssten, und die verbleibenden 100 Betriebe dann insgesamt nur rund 800 Geldspielautomaten betreiben könnten - also nur etwas mehr als die von NOVOMATIC betriebene Spielbank Berlin.

EuGH: Gerätereduktion gilt auch für Spielbanken
Nach Auffassung des EuGH muss das nationale Gericht neben der Möglichkeit einer (Um-)Programmierung der Automaten prüfen, ob die Verringerung der Stätten für Automatenspiele auch mit einer Begrenzung der Höchstzahl der Spielkasinos und der dort benutzbaren Spielautomaten einhergeht. (Rn 38) Nach der Entscheidung in den verbundenen Rechtssachen Fortuna C-213/11, Grand C-214/11 und Forta C-217/11, ist die Anzahl der benutzbaren Spielautomaten in staatlichen Spielkasinos entsprechend zu reduzieren! 

Die staatlich über eine Gewerbeerlaubnis zugelassenen Spielhallen werden mit obiger Regelung gegenüber den staatlichen Spielbanken und Lottoannahmestellen benachteiligt. Eine rechtswidrige Differenzierung gleichartiger Dienstleistungen, mit der nicht nur gegen die Vorschriften und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstoßen wird, die zu einer ebenfalls unionswidrigen Wettbewerbsverzerrung führt, mit der besondere Vorteile erlangt werden, die einen fairen Wettbewerb zwischen Spielbankbetreibern und Spielhallenbetreibern verhindert. Dies führt aus Sicht des EuGH zu einer unzulässigen Begünstigung der staatlichen Glücksspielanbieter.

Die rückwirkende Steuerbefreiung in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, sowie die Steuerstundung in Mecklenburg-Vorpommern, und weitere Subventionen der staatlichen Spielbanken führen zu unzulässigen, auch steuerlichen Beihilfen.  Mehr zum europäischen Beihilferecht.

Außerdem sei die Schlechterstellung zu staatlichen Spielbanken nicht hinnehmbar, so Hoffmeister. Kritisiert wurde auch, dass die Spielhallen-Zulassungen nach fünf Jahren erlöschen und neu beantragt werden müssen.

Seit März 2006 ist das Glücksspiel-Monopol nur dann zulässig und gesetzeskonform, wenn der Staat die Spielsucht seiner Bürger glaubhaft bekämpft, diese Sucht so weit wie möglich eindämmt und ihr Einhalt gebietet. Es darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden, so das BVerwG (Az: 8 C 2.10, Rn 45).

Durch den Glücksspieländerungsstaatsvertrag 2012 wurde das Spielhallenrecht in den Geltungsbereich des Staatsvertrages einbezogen und fällt dadurch unter das Glücksspielmonopol der Länder. Bisher war es ein freies Gewerbe. Durch die Neuregelung werden die Errichtung  und der Betrieb von Spielhallen zahlreichen, nach geltendem Recht bislang nicht vorgesehenen Beschränkungen unterworfen (zusätzliche Erlaubnispflicht, Mindestabstände, Höchstzahlen, Sperrzeiten, Werbebeschränkungen etc.).

Auch das Berliner Spielhallengesetz fußt auf dem Glücksspielstaatsvertrag (2012), mit dem das Glücksspielmonopol fortgeführt werden soll. (vgl. Glücksspielgesetzgebung seit 1999 rechtswidrig) 

Die Rechtfertigung der Monopolgesetzgebung wurde durch das BVerwG bereits am 20.06. 2013 verneint. Mit dem Urteil wurde festgestellt, dass die staatlichen Monopolträger selbst gegen die vorgegebenen Ziele der Glücksspielgesetzgebung verstoßen um die Einnahmen zu steigern. Durch dieses rechtswidrige Verhalten sind die Grundrechtseinschränkungen nicht mehr legitimiert, wodurch die einschränkenden Regelungen nicht mehr angewandt werden dürfen. (vgl. div. EuGH-Entscheidungen)


Am 20. Juni 2013 stellte das BVerwG erneut fest, dass das Glücksspielmonopol tatsächlich nicht der Suchtbekämpfung, sondern fiskalischen Zwecken diene.

Bereits am  08.09.2010 stellte der EuGH fest, dass fiskalische Gründe im Vordergrund stehen und nicht die behauptete Spielsuchteindämmung! Dadurch handelt es sich in Wahrheit um ein gemeinschaftsrechts- und verfassungswidriges Finanzmonopol, zu dem der Staat nicht berechtigt war!

"Glücksspiel ist die Befriedigung eines vollkommen natürlichen, menschlichen Bedürfnisses" Solange die Spielteilnahme sozialverträglich erfolgt sind Einschränkungen unzulässig.
EuGH: Gleichwohl müssen die Beschränkungen durch die Mitgliedstaaten den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs  ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen, was die nationalen Gerichte zu prüfen haben. weiterlesen

Das VG Düsseldorf, (3 L 841/13) entschied am 06.06.2013:  Beschriftung "nur" Spielhalle rechtswidrig

Das VG Schwerin  (7 B 352/13) entschied am 12.07.2013:  Spielhallen-Schließung rechtswidrig

Das VG Trier entschied zu den neuen Abstandsregelungen:
Sollten die gesetzlichen Regelungen dazu führen, dass faktisch eine Erlaubniserteilung fast flächendeckend ausscheidet, verstoßen die gesetzlichen Regelungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies nicht nur in Bezug auf Art. 12 GG, sondern insbesondere auch im Hinblick auf die grundrechtsgleichen Rechte nach Unionsrecht.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Trier ist vor allem deshalb eine erste richtungsweisende Entscheidung, da es eine Vielzahl von materiell-rechtlichen Regelungen in den einzelnen Ausführungsgesetzen der Bundesländer gibt, die im Ergebnis am Ende eines Erlaubniserteilungsverfahrens dazu führen könnten, dass der Markt rein faktisch für die privaten Vermittler unzugänglich bleibt.
Gerade unter europarechtlichen Gesichtspunkten spielt dabei eine weitere wesentliche Rolle, dass die einzelnen Ausführungsgesetze der Länder aus unserer Sicht ersichtlich darauf ausgelegt sind, den Bestand des Vertriebsnetzes des staatlichen Anbieters Lotto, nämlich tausende von Lotto-Annahmestellen zu erhalten und damit in unverhältnismäßiger Weise zu bevorzugen.
Es wird zu prüfen sein, ob durch das "praktizierte Berufsverbot (vgl. VG Trier)" nicht unzulässige Eingriffe in geschützte Grundrechte (GG) und in Gemeinschaftsgrundrechte  (BÜRGERRECHTE) der Europäischen Union vorliegen. vgl. (EuGH Winner-Wetten, Rn 58)

SCHEMATA ZUR BERUFSFREIHEIT AUS ART. 12 I GG
Die folgende Darstellung soll einen Überblick über die Grundrechtsprüfung von Art. 12 I GG und den damit zusammenhängenden wesentlichen Problempunkten verschaffen.