Donnerstag, 15. August 2013

"Beckmanns" Sendung: "Zu Unrecht in der Psychiatrie - der Fall Gustl Mollath"


Do, 15. Aug · 22:45-00:00 · Das Erste (ARD)

Neben dem 56-Jährigen kommen bei "Beckmann" die Psychiaterin Dr. Hanna Ziegert und sein Rechtsanwalt Dr. Gerhard Strate zu Wort.

Er sei während seiner Zeit in der Psychiatrie gedemütigt und erniedrigt worden, hatte er bereits dem "Stern" verraten.

Gäste: Gustl Mollath, Dr. Hanna Ziegert (Psychiaterin), Uwe Ritzer (Journalist), Dr. Gerhard Strate (Rechtsanwalt)  Die ersten Tage in Freiheit: Gustl Mollath bei "Beckmann"  Gustl Mollath ist frei.

Nach sieben Jahren Zwangsunterbringung in der forensischen Psychiatrie verfügte das Nürnberger Oberlandesgericht vergangenen Dienstag seine Entlassung und die Wiederaufnahme des Verfahrens. Der umstrittene Fall ist für viele ein Justizskandal ohnegleichen: Zwar war Mollath 2006 vom Vorwurf freigesprochen worden, seine Ehefrau misshandelt und die Autoreifen von Widersachern zerstochen zu haben, doch wegen vermeintlicher Wahnvorstellungen und Gemeingefährlichkeit schickte das Gericht den heute 56-Jährigen in die Psychiatrie. Er hatte seiner Frau und deren Arbeitgeberin, der Hypovereinsbank, wiederholt Schwarzgeldgeschäfte vorgeworfen - Anschuldigungen, die sich später im Kern als wahr erwiesen.

Handelt es sich beim Fall Mollath "nur" um ein Versagen des Rechtsstaates? Oder kam er einflussreichen Menschen in die Quere und wurde weggesperrt? Und wie schnell landen Menschen zu Unrecht in der Psychiatrie? 

Weitere Gäste neben Gustl Mollath:  Dr. Hanna Ziegert (Psychiaterin)  Welche Konsequenzen müssen Politik und Justiz aus dem Fall Mollath ziehen?

Prof. Hanna Ziegert arbeitet seit 30 Jahren als Gutachterin und weiß, wie leicht man in der Psychiatrie landen kann. 

Uwe Ritzer (Journalist der "Süddeutschen Zeitung")  Er recherchierte für die "SZ" und trug zum Aufdecken des Falles Mollath maßgeblich bei.

Uwe Ritzer spricht von einem der größten "Justiz-, Psychiatrie-, Polit- und Bankenskandale der Bundesrepublik". 

Dr. Gerhard Strate (Rechtsanwalt von Gustl Mollath)  Der Hamburger Strafverteidiger stellte den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und bewirkte damit Gustl Mollaths Freilassung.

Für Gerhard Strate ist der Fall ein beispielloser Skandal in der deutschen Rechtsgeschichte.


Quelle

DasErste: Tagesschau vom 11.08.2013  20:00
Fall Mollath: Bessere Überprüfung von Psychiatrie-Einweisungen gefordert (Video-Ausschnitt)
Tagesschau (download) 

Nach der Freilassung von Gustl Mollath aus der psychiatrischen Klinik im bayerischen Bayreuth haben auch in Baden-Württemberg erste Straftäter, die in die Psychiatrie eingewiesen worden sind, eine Überprüfung beantragt. Es gebe eine Handvoll Fälle, wo sich Personen an das Ministerium gewandt hätten, weil sie angeblich zu Unrecht untergebracht worden seien, sagte Baden-Württembergs Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) der SÜDWEST PRESSE. Dem gehe man nach.
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Vor allem ist der Fall Mollath ein Beispiel für Journalisten, die nicht locker ließen, unablässig recherchierten, bohrten, unbequeme Fragen stellten. Es ist bezeichnend, dass sich in der Affäre erst etwas bewegte, als es für die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) eng wurde. Hätten Justiz und Politik umgesteuert, wenn die oft gescholtene "vierte Gewalt" der Medien nicht so hartnäckig gewesen wäre? Man darf es bezweifeln.
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update:

Manipulierbare Gutachter: Auf ihrer Wissens-Seite berichtet die SZ (Christian Weber) von einem Experiment in den USA. Forensische Gutachter beurteilten identische Fälle anders, wenn sie von Behörden beauftragt wurden als wenn sie im Auftrag der Verteidigung tätig wurden.  s.u.

Nachhilfestunde in Staatsbürgerkunde
Die Gerichtsgutachterin Hanna Ziegert hat es gewagt, den Umgang von Richtern, Staatsanwälten und ihren eigenen Kollegen mit psychisch kranken Straftätern zu kritisieren. Statt sich zu hinterfragen, reagieren die Staatsanwälte nach dem Beleidigte-Leberwurst-Prinzip.

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Gerichtsgutachterin in Bayern Nach Kritik kaltgestellt

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Sie wisse nicht, ob sie sich selbst jemals begutachten lassen würde, hat Gutachterin Hanna Ziegert in einer Talkshow erklärt. Die Staatsanwaltschaft München will die Sachverständige daraufhin kaltstellen - doch die Gerichte lehnen die Anträge harsch ab.
Gericht weist Kritik an Gutachterin zurück

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Dass Richter und Staatsanwälte bestimmte Erwartungen an psychiatrische Sachverständige haben und diese sich in vielen Fällen an diesen Erwartungen orientieren, ist keine böswillige Unterstellung, sondern tägliche Realität. Dass an bayerischen Gerichten ebenso wie im Straf- und Maßregelvollzug oft mit härteren Bandagen gearbeitet wird als in anderen Bundesländern, weiß jeder, der auch in Gerichtssälen nördlich des Mains unterwegs ist.  Quelle
Psychologie in der Krise

Fälschungen, geschönte Daten und Studien, die sich nicht replizieren lassen

Die Glaubwürdigkeit der psychologischen Forschung ist angeschlagen. Jetzt fordern Kritiker
radikale Reformen. Von Patrick Imhasly
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Entziehung des Doktorgrades bei späterer Unwürdigkeit rechtmäßig

Täuschung bei der Dissertation
Wissenschaftliches Fehlverhalten
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Steffens besorgt über Anstieg psychischer Krankheiten
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Knapp jeder zweite Bundesbürger wird mindestens ein Mal im Leben psychisch krank, berichtet die Gesundheitsministerin Nordrhein-Westfalens, Barbara Steffens (Grüne), in einer aktuellen Pressemitteilung. Nach Einschätzung der Ministerin eine „alarmierende Entwicklung“, die durch Maßnahmen allein im Gesundheitssystem nicht zu stoppen ist.
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„Höher, schneller, weiter“ – Zahl der psychisch kranken Kinder wächst

Grund für Angststörungen, Alkoholsucht und Depressionen, die die Großzahl der Diagnosen ausmachen, sei eine wachsende Überforderung und ein stetig zunehmender Druck in allen Lebensbereichen.
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Buchempfehlung:

Fehldiagnose Rechtsstaat: Die ungezählten Psychiatrieopfer
Eva Schwenk
Die Wahrheit über unsere Gesellschaft erfahren wir dort, wo Menschen auf verantwortliches Handeln angewiesen sind. Zum Beispiel in der Psychiatrie. Was treiben Politik, Ärzteschaft und Justiz mit Menschen, die psychisch leiden, die angeblich selbst nicht wissen, was sie tun? Es ist längst an der Zeit, davon zu erfahren; weil ein Rechtsstaat keiner ist, wenn seine Gesetze nicht für alle gelten. Das Buch dokumentiert Verbrechen an psychiatrischen Patienten, begangen aufgrund einer unwissenschaftlichen Diagnostik. Wo Psychiatrie und gesellschaftliche Strukturen aufeinander treffen, deckt es auf, welche primitiven und daher unglaublichen Mechanismen diese Verbrechen ermöglichen. Auf erschreckende Weise wird dem Leser das allgemeine Verständnis von psychischem Erleben ebenso klar, wie die Notwendigkeit einer Erarbeitung von Kontrollkriterien für die psychiatrische Praxis.

Die Autorin ist Diplom-Psychologin. Durch ihre Tätigkeit als gerichtliche Betreuerin psychiatrischer Patienten hat sie von Menschenrechtsverletzungen in einer psychiatrischen Klinik erfahren, sie dokumentiert und bei der zuständigen Aufsichtsbehörde eine Untersuchung eingefordert, die niemals stattgefunden hat.

Leseprobe auf Amazon.de Einleitung

Wenn man krank ist und zum Arzt geht, werden einem in der Regel Medikamente verschrieben, die zur Behandlung der diagnostizierten Erkrankung entwickelt worden sind. In der Psychiatrie ist das anders, denn Psychiater gehen umgekehrt vor. Sie diagnostizieren die Erkrankung, für die es Psychopharmaka gibt. Das heißt: Wenn man Bauchschmerzen hat, trinkt man Kamillentee. In der Psychiatrie bekommt man Kamillentee und hat deshalb Bauchschmerzen zu haben.

"Lächerlich, blödsinnig, irre ..." wären Beschreibungen, die einem einfallen würden, wenn es sich um Kamillentee und Bauchschmerzen handeln würde. In der Psychiatrie geht es aber um Medikamente, die in den Hirnstoffwechsel eingreifen, und um die schweren geistig-seelischen Störungen, die Psychosen. Patienten haben eine Psychose zu haben, weil man diese medikamentieren darf. "Unglaublich, verbrecherisch, gefährlich, nicht auszudenken ..." wären Beschreibungen, die einem einfallen würden, wenn dem wirklich so wäre. Doch so kann es nicht sein. Warum sollte es auch so sein. Es würde jemandem auffallen. Psychiatrie ist öffentlich. Dort gehen Angehörige und Freunde der Kranken ein und aus, Richter, gesetzliche Betreuer, Seelsorger, Rechtsanwälte, Politiker in Besuchskommissionen, und, und, und.

Das Buch beschreibt die unglaubliche Praxis einer psychiatrischen Klinik, eine unglaubliche Rechtssprechung, ein unglaubliches Handeln politisch Verantwortlicher und das Totschweigen all dessen durch die Medien.
Auszug aus Fehldiagnose Rechtsstaat Die ungezählten Psychiatrieopfer von Eva Schwenk.

Kundenrezensionen
Mut zur Wahrheit 10. Oktober 2006
Von N. Walter
Obwohl die Bundesrepublik Deutschland die Anti-Folter Konvention der Vereinten Nationen unterzeichnet hat, gibt es bis zum heutigen Tag kein Gesetz gegen Folter in Deutschland.

Tag täglich wird tausendfach gefoltert - unter dem Vorwand eines "medizinischen Eingriffs". Und die deutsche Justiz genehmigt dies sogar noch!
Frau Schwenk ist eine der wenigen Menschen mit Rückrad, die bereit sind, das Tabuthema Menschenrechtsverletzungen in Deutschland öffentlich zu machen.
Der Dank dafür ist, daß Sie in Ihrem Job gekündigt wurde und massivem Terror ausgesetzt wurde.
Quelle

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger plant Strafrechtsreform
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Zur notwendigen Reform des § 63 StGB - Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus schreibt Prof. Dr. Henning Ernst Müller:
Im Zuge der Affäre um Gustl Mollath richtet sich der Blick auf verschiedene Bereiche des Straf- und Strafprozessrechts, die mit der Entstehung des Skandals und der Verzögerung bei dessen justizieller Aufklärung bzw. Korrektur zusammenhängen.
Heraus sticht die jetzt auch politisch neu belebte Diskussion über die §§ 63 ff. StGB, also den Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und deren Beendigung.

Schon seit Jahrzehnten weisen kritische Beobachter darauf hin, dass die Beziehungen von Gutachtern zu bestimmten Gerichten nicht die erforderliche Unabhängigkeit aufweisen: Es gibt einerseits eine wirtschaftliche Abhängigkeit von regelmäßigen Gutachtenaufträgen – andererseits den Wunsch der Gerichte, möglichst schnell und unaufwändig zu klaren Entscheidungen zu gelangen. Die daraus entstehende Symbiose unterläuft den Gesetzeszweck, nämlich die gegenseitige kritische Überprüfung: Gutachter und Gerichte bestätigen sich häufig nur gegenseitig. Nur gelegentlich „störte“ die höchstrichterliche Rechtsprechung (z.B. BGH 2 StR 367/04 - Beschluss vom 12. November 2004 ) diese Zusammenarbeit und hat immerhin veranlasst, dass Juristen und Psychiater Mindestanforderungen der Gutachtenerstattung formuliert haben (Schuldfähigkeitsgutachten bzw. Prognosegutachten). Allerdings sind die Mindestanforderungen nur „Empfehlungen“ geblieben. Näheres zu dieser Thematik findet sich auf der Seite von Dr. Sponsel. Es wäre aus meiner Sicht eine zentrale Aufgabe des Gesetzgebers bei einer Reform der §§ 63 ff. StGB dafür zu sorgen, dass symbiotische Beziehungen zwischen Gerichten und Psychiatern nicht entstehen können.

Robert Stegmann:
Was ich ganz allgemein zu bemängeln habe, ist die Tatsache, dass offenbar nur an dem § 63 was geändert werden soll.
Dieselben Gutachter sind aber auch für Sozialgerichte tätig, oder in Strafverfahren, die nicht zwingend zum § 63 führen müssen. Mal laienhaft ausgedrückt.
Auch hier haben die Gutachter alles andere im Sinn, als objektiv zu begutachten, wenn es im Sinne der Gerichte oder eines der Sozialversicherungsträger ist.
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Dipl.-Psych. Dr. phil Rudolf Sponsel
Forensischer und Verkehrs-Psychologe, Psychotherapeut
01.09.2013
Potentielle Beweisfragen-Fehler (BewF) in forensisch-psychiatrischen Gutachten
http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/BewF.htm
Aus der Zusammenfassung
Die Beantwortung der Beweisfragen ist das Herz- und Kernstück jedes forensisch psychologischen, psychopathologischen und psychiatrischen Gutachtens. Schon deshalb sollte man erwarten, dass die forensische Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie zu diesem Kernkomplex eine umfangreiche und fundierte Literatur ausweisen kann. Leider ist das Gegenteil der Fall: es gibt so gut wie keine Literatur, wie beweisen und Beantwortung von Beweisfragen in der Forensik geht (> Belege Beweisleere in der Forensik). Aus dieser – wissenschaftlich gesehen – zugleich ernüchternden wie erschütternden Tatsache ergibt sich unmittelbar die Hypothese, dass das derzeitige forensisch-psychopathologische System selbst ein Kandidat für ein “wissenschaftliches” Wahnsystem ist, weil beweisen oder beweisartiges Begründen weder vorgesehen noch für notwendig erachtet wird, stattdessen begnügt man sich bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Nedopil) mit dem bloßen Meinen und erstellt statt Gutachten Meinungsachten (Fall Mollath). Es gibt aber auch entlastende Argumente für die Beweisleere der forensischen Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie, die hier nicht vorenthalten werden sollen. Im 2720 Seiten umfassenden 5-bändigen Handbuch der Forensischen Psychiatrie, hrsg. von Kröber, Dölling, Leygraf & Saß (2006-2010) findet sich weder in den Inhaltsverzeichnissen zum Thema, wie beantworten von Beweisfragen in der Forensischen Psychiatrie geht bzw. gehen soll, noch in den Sachregistern ein Eintrag “Beweisfrage”. … Quelle


Sachverständige vor Gericht
Der Richter als "Krypto-Zivilschöffe"

In der "Mollath-Affäre" stehen zurzeit die wenig glanzvollen Leistungen psychiatrischer Sachverständiger im öffentlichen Interesse. Doch das Verhältnis von Rechts- und richtigen Wissenschaftlern ist seit jeher kein einfaches. Martin Rath hat ihm anhand einer hoch aktuellen rechtshistorischen Untersuchung nachgespürt.
Hinweis: Lorenz Franck: "Juristen und Sachverständige". Der Diskurs um die rechtliche Ausgestaltung des Verfahrens mit Sachverständigen während der Zeit des Deutschen Reiches. Baden-Baden (Nomos), zugleich Diss. Köln (Referent/Korreferent: Professores Haferkamp und Prütting).

Aus den Kommentaren:

Die Rechtswissenschaft mag keine richtige Wissenschaft sein, die Psychiatrie ist es aber auch nicht. Hier wird doch genauso hermeneutisch gezaubert und einer wie Gert Postel (fachfremd, keine Ahnung, und davon reichlich) wäre in jedem anderen Berufsfeld aufgefallen. Als leitender Oberarzt im Maßregelvollzug hat sich Postel, sprachbegabt wie er ist, bestens bewährt. Die klinische Psychologie und die Psychiatrie schleppen immer noch eine psychoanalytische Hypothek mit sich herum.

Das BVerfG hat es korrekt benannt:
Bevor (!) die Vorstellung eines Angeklagten dem Gutachter übergeben wird, sollte das Gericht geprüft haben, ob dessen "Vorstellung" der Wahrheit entspricht. Das ist nicht Aufgabe des Gutachters, der bei solchen "Vorstellungen" berufsbedingt von "Wahn" ausgeht. Das findet auch Niederschlag im allgemeinen Zeitgeist, denn jeder, der nicht an die besten Absichten bei staatlichen Insittutionen "glaubt", wird schnell in den paranoiden Verdacht gestellt. Dabei ist eigentlich jedem aufgrund bloßer Lebenserfahrung klar, dass es auch gesundes Misstrauen geben kann.
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