Samstag, 8. August 2015

Dank Automaten"verbot" verfünffachen die ungarischen Casinos ihre Umsätze


Durch den 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag vom 28. Oktober 2011, soll auch in Deutschland das gewerbliche Geld-Gewinnspiel im Ergebnis zugunsten der im Monopol der Länder sich befindenden Glücksspielangebote, vor allem zugunsten der Spielbanken, vom Markt verdrängt werden.
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Hiermit darf ich auf das aktuelle, hier veröffentlichte Urteil (RS. C-98/14) des Europäischen Gerichtshofes zum ungarischen Spielhallenrecht vom 11. Juni 2015 hinweisen, das über das Urteil Pfleger (C-390/12) vom 30.04.2014 hinausgeht und alle mit ähnlichen Fällen befasste Gerichte bindet.
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Mit dem Urteil Pfleger (C-390/12), werden dem Glücksspielunternehmer subjektive Rechte unmittelbar aus den Grundrechten eingeräumt. Schutzobjekt ist nicht mehr ausschließlich die Freiheit des Marktes für Glücksspiele, sondern das Individualinteresse in Form von grundrechtlichen Abwehrrechten.
(vgl. Hakenberg, Europarecht, 6 Aufl. 2012)
Der Glücksspielunternehmer ist nicht mehr darauf beschränkt, sich zum Schutz seiner Interessen auf die besonderen Marktfreiheiten des Unionsrechts als drittschützende Normen berufen zu müsssen,
(vgl. 15 Schmidt, Die Stellung des Konkurrenten im Verwaltungsprozess, Jus 1999, 1107 (1118); EuGH, EuZW 1995, 635 (636)) ihm steht nunmehr auch eine originäre Rechtsposition aus den Grundrechten zur Verfügung.
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Hans von der Groebens:
„Es scheint noch nicht allseits realisiert worden zu sein, daß der Europäische Gerichtshof nicht nur die oberste Rechtsschutzinstanz in der EU bildet, sondern auch die Funktion eines europäischen Verfassungsgerichts erfüllt.“
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Der Gerichtshof legte fest, dass einschränkende Maßnahmen (u.a. Gambelli, Zenatti, Costa, Pfleger), eine Beschränkung der mit Art. 56 AEUV gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit darstellen können. Mit dem Urteil vom 11. Juni 2015 wurden diese Kriterien auf die Spielhallenbesteuerung (einschl. Sondersteuern etc.) ausgeweitet.

Nach der Entscheidung vom 11. Juni 2015 ist eine unangemessen hohe Besteuerung (RS. C-98/14) soweit sie geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit in Gestalt des Betriebs von Geldspielautomaten in Spielhallen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) zu werten.
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Mit diesen Beschränkungen müssen die genannten Ziele jedoch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden.

Insoweit bemerkt der Gerichtshof  – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht zu treffenden Feststellungen –, dass Ungarn offenbar eine Politik der kontrollierten Expansion von Glücksspieltätigkeiten verfolgt, in deren Rahmen u. a. im Jahr 2014 neue Konzessionen zum Betrieb von Spielkasinos erteilt wurden. Bei einer solchen Politik kann allerdings nur dann davon ausgegangen werden, dass sie die genannten  Ziele in kohärenter  und systematischer Weise verfolgt, wenn sie zum einen geeignet ist, einem tatsächlichen Problem  in Verbindung  mit kriminellen und betrügerischen Aktivitäten  im Zusammenhang  mit dem Spielen  sowie der Spielsucht  in Ungarn abzuhelfen, und zum anderen keinen Umfang hat, der sie mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht unvereinbar macht, was vom nationalen Gericht zu prüfen ist.

Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass dies der Fall wäre, wenn das nationale Gericht feststellen sollte, dass die Besteuerung/Steuererhöhung den rentablen Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen verhindert.

Schließlich  betont der Gerichtshof,  dass die Spielhallenbetreiber für den Fall,  dass eine  nicht gerechtfertigte  Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit festgestellt werden sollte, vom ungarischen Staat  Ersatz für den ihnen infolge dieses Verstoßes gegen das Unionsrecht entstandenen Schaden erhalten  können, soweit der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist.

Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Haftung der Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen das EU-Recht  weiterlesen

Für die Betreiber der staatlich lizensierter Casinos ging die Rechnung bislang jedenfalls auf, wie die Tageszeitung PESTER LLOYD am 07.08.2015 berichtete:

Fidesz-Spielparadies:
Casinos in Ungarn verfünffachen Besucherzahlen und Umsätze Dank Automaten"verbot"


Die Rechnung ging auf. Das Verbot von Geldspielautomaten außerhalb staatlich lizensierter Casinos im Herbst 2012 und die Vergabe von neun neuen Casino-Lizenzen (an Orbán-Intimus und den in den USA wegen Steuervergehen verurteilten Hollywood-Produzenten Vajna sowie einen anderen Fidesz-Günstling) haben die Besucherzahlen der Casinos seit 2011 vervierfachen lassen.

Besuchten 2011 205.000 Menschen ein Casino in Ungarn, wuchs die Zahl 2012 bereits auf 300.000, 2013 explodierte sie auf 639.000, 2014 auf 810.000. Im ersten Halbjahr waren es bereits 606.000, die Millionen-Marke wird als geknackt werden, somit geht - rein statistisch - jeder zehnte Ungar in eine der Fidesz-Spielhöllen bzw. - je nach Interessenslage - Spielparadiese...

Diese Zahlen und die Neuzulassung von Casinos berechtigen den Argwohn der EU gegenüber dem selektiven Geldspielautomatenverbot. Dieser Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit und den Besitzstand von Betreibern wurde nämlich mit Spielerschutz und "nationaler Sicherheit" begründet - wo bei einer Millionen Casino-Besuchern und einer Wachstumsrate von 400% binnen vier Jahren die steuernde Hand des Staates zu finden ist? Natürlich in der eigenen Tasche. Die Umsätze der Casinos stiegen seit 2011 von 33,1 Mrd. Forint, über 44 Mrd. 2012, 100,6 Mrd. 2013 auf 128 Mrd. 2014, 2015 gaben die Zocker bis Ende Juni schon 88,4 Mrd. (rund 284 Mio. EUR) aus.

Rund 20% davon bleiben bei den Besitzern bzw. Betreibern hängen, die eine oder andere Steuererleichterung oder ein Nachlass bei den Lizenzgebühren http://www.pesterlloyd.net/html/1504casinoszerencse.html  wegen Renovierungsaufwendungen, erhöhen die Attraktivität des Geschäftes weiter. Vajna gilt, neben Garancsi, Habony, Mészáros und ein paar Namenlosen als einer der Strohmänner für die wirtschaftlichen Interesse des Orbán-Clans. Er erfüllt seine Rolle drehbuchgerecht.
Quelle